Wir beschlossen, dass es das nun gewesen war mit der türkischen Schwarzmeerküste, ich entschuldigte mich, denn es war vor allem ich gewesen, die diese gerne sehen wollte, dann gings los nach Istanbul. Mittlerweilen begleitete uns die Geschichte «Welt in Flammen», die grad unglaublich gut passte, da die Geschichte im Orientexpress von Paris über die Schweiz nach Istanbul zur Zeit des zweiten Weltkriegs spielt. Wir kommen zügig voran auf der Autobahn, ganz im Gegensatz zur Gegenfahrbahn – dort staute sich der Verkehr vierspurig – ein Wochenende mit anschliessenden Feiertagen stand an, alle fuhren wohl nach Antalya ans Meer. Und tatsächlich verlief unsere Fahrt in diese Riesenstadt lange erstaunlich gut. Die Wolkenkratzer türmten sich rund um uns auf, aber der Fährhafen, den wir ansteuerten, war immer gut angeschrieben. Dann eine Unachtsamkeit und schon hatten wir verkantet und landeten etwas im Abseits. Zum Glück fanden wir schnell wieder einen Weg zurück auf die richtige Spur und gelangten tatsächlich nach Kadiköy. Dort machte ich mich zu Fuss auf, um herauszufinden, ob und wo hier eine Autofähre zur anderen Seite Istanbuls fuhr – erfolglos. Keine Informationsschalter und der eine an einem Ticketschalter wies mich schroff ab. Derweil war aber jemand auf Tinu im Auto zugekommen und der teilte ihm mit, wir müssten nach Harem, von dort führen die Autofähren. Also gut, dann Harem. Dort führte die Strasse gleich zum Ticketschalter, wo wir erfuhren, dass die Fähre nicht zu dem Hafen fuhr, zu dem wir wollten, aber dass sie in wenigen Minuten fuhr und irgendwas mit 5 Km – Tinu bezahlte und fuhr auf die Fähre. Und wenn sie nun komplett an einem falschen Ort anlegte? Unterwegs, begleitet von zahlreichen Möven, die mit uns mitflogen und von denen eine genau auf Bens Handrücken schiss, fanden wir heraus, dass die Fähre wirklich nicht allzu weit von unserem gewünschten Hafen anlegte und dass von dort eine Strasse direkt zu dem Parkplatz fuhr, auf dem man übernachten konnte. Glück gehabt. Ben trug das Malheur mit viel Gelassenheit. Erst später fiel ihm ein, dass er den Spruch hätte bringen können: «zum Glück können Kühe nicht fliegen!»
Vom Hafen fädelten wir in den Verkehr ein und kamen ohne Probleme zu der kleinen Strasse, die zu unserem Parkplatz führen sollte – nur versperrte ein Poller den Weg. Also fuhren wir weiter, bogen rechts ab und versuchten, von hinten über das Quartier zum gewünschten Platz zu kommen – wir waren ja nicht sicher, was der richtige Weg war. Dabei gerieten wir aber schnell in eine Blockade – wie schon in Antalya steckten wir plötzlich in einer schmalen Gasse, links und rechts Autos parkiert, so dass kreuzen unmöglich war, Gegenverkehr – nur dass hier noch ein Auto vor uns war, hinter uns weitere, und der vor uns nun rückwärts wollte und uns beschimpfte, weil wir ihm deuteten, wir könnten nicht zurück, hinter uns seien noch mehr Fahrzeuge. Zu, Glück meinte einer am Strassenrand lapidar zu uns: «Relax! Turkish problem». Irgendwann war es geschafft, der Gegenverkehr rückwärts raus, der vor uns irgendwo parkiert, wir um ein paar Ecken wieder zurück an der Hauptstrasse – nur dass hier auch alle ineinander verkeilt waren, niemand wollte irgendjemandem den Vortritt lassen, alle hupten sie wie die Hohlen, alle blockierten einander gegenseitig. Mit konstantem, langsamen Drängeln schaffte es Tinu halb auf die Fahrbahn, wo einer Erbarmen mit uns hatte und uns passieren liess, was ganz haarscharf reichte. Oh my goodness. Mir graute vor diesem lauthupenden Verkehrschaos, Tinu weigerte sich, es nochmals über Seitenstrasse zu probieren und so fuhren (oder krochen) wir etwa 45 min lang in grossem Bogen wieder zurück zum Hafen, das ganze Spiel von vorne. Diesmal stieg Tinu aus und fragte jemanden – worauf es hiess, wir könnten den Poller rausziehen. Ah voilà…Einigermassen geschlagen fuhren wir auf den hässlichen Teerplatz, stellten sofort das Dachzelt auf, damit der Patron hier kein anderes Auto 50cm neben uns parkierte (was das Aufstellen des Zelts verunmöglicht hätte), denn hier stand man seehr dicht, und machten uns auf den Weg in die Stadt und auf die Suche nach etwas zu essen. Der grosse Basaar schien uns das naheliegendste Ziel. Unterwegs bewunderten wir eine Moschee, die wir auch tatsächlich betreten durften - ein älterer Herr, der sich vor dem Moscheebesuch wie es sich gehört die Füsse, Hände, den Mund und das Gesicht wusch, sprach uns an und meinte, ja klar dürften wir rein. Wir zogen also das lange Kleid und das Kopftuch bzw. die langen Hosen an und gingen hinein. Auch diese Moschee war komplett mit Teppich ausgelegt, auf etwa 2.5m hingen unzählige Lämpchen und die alle Wände, Säulen und Kuppeln waren über und über mit orientalischen Mustern in Blau- und Rottönen bedeckt. Zu unserem Erstaunen herrschte eine recht ungezwungenen Atmosphäre. Manche der Männer lagen am Boden, manche mit den Füssen hochgelagert, einige am Handy, einige im Gebet, einige am Plaudern.
Der gedeckte Basaar war ein einziger grosser Trubel an Farben, Stimmen, Menschen, Teppichen, Gerüchen, Lämpchen, und Lokhum – eine türkische Spezialität, die vor allem Jon und Meo immer wieder erhaschten. Wir machten es uns zur Gewohnheit, etwas vor ihnen zu gehen. So mussten wir uns nicht bequatschen lassen, wenn sie unseren Jungs ein Stück zum Probieren gegeben hatten. Und manchmal schnappten sie sich auch einfach unbemerkt ein Stück vom Probiertablet wenn gerade niemand hinschaute. So waren auch sie es, die noch länger bleiben wollten, als wir langsam wieder raus wollten. Nebst den Dutzenden von Verkäufern, die uns mit «Hello my friend, take a look, where are you from? Just looking, looking is free…» was andrehen wollten traf ich aber auch einen Mann, der wirklich nur Interesse zeigte (an Ida, bzw. an einem Bild, das ich von ihr gemacht hatte) und den ich fragen konnte, was es mit den Perlenketten auf sich hatte, die viele Männer in der einen Hand mit ich trugen. Meine Vermutung bestätigte sich, dass es sich um Gebetsketten handelte, bzw. man nenne den Namen Gottes bei jeder Perle. Oder auch ein Gebet, je nach Situation.
Danach war es höchste Zeit, was zu essen. Tinu wünschte sich chinesisch, das fanden wir aber nirgends. Die Jungs schlugen an einem Sandwichstand zu und Tinu und ich, man darf es fast nicht sagen, landeten schliesslich nach einer weiteren Runde ums ganze Quartier, im Burger King – einfach, weil wir so müde waren vom ständigen Angequatschtwerden. Vielleicht auch etwas müde vom Ausprobieren.
So gegen 22:00 waren wir zurück auf dem Platz, die Jungs verschwanden mit dem Ball und wir gerieten über der Waschmaschine in ein Gespräch mit einem jungen argentinischen Paar, das seit 4 Jahren auf Reise ist. Schliesslich sassen wir mit Sophie und Nicolas (modovan) bis in alle Nacht Sonnenblumenkernen knackend auf dem Teerplatz, die Jungs schickten wir mal bei Gelegenheit ins Bett.
Tamara
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