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  • tamarautinu

Im Schneckenhaus


Nachdem wir einen unterhaltsamen Morgen auf der freakigen Bobbahn verbracht hatten, war wieder einmal Planen angesagt – immer ein anstrengendes, zeitaufwändiges Verfahren, aber halt sehr fest Teil einer solchen Reise.

Wir standen vor dem Dilemma, dass wir das Gefühl hatten, noch herzlich wenig vom wirklichen Bosnien gesehen zu haben, aber das angekündete schlechte Wetter ein spontanes Herumfahren und Erkunden sehr erschwerte. Auch die Tatsache, dass in Bosnien noch immer viele Landminen vergraben liegen, weckt nicht gerade die Entdeckungslust.

Wir beschlossen also, im nächsten Nationalpark eine Unterkunft zu buchen und die Regentage für den Unterricht unserer Jungs zu nutzen, alle Akkus zu laden, Hörbücher herunterzuladen und Berichte zu schreiben. Auch auf der Fahrt nach Hum sahen wir wenig von der von Bloggern beschriebenen unglaublichen Schönheit Bosniens und gar nichts von der ebenfalls von ihnen beschriebenen Freundlichkeit und Herzlichkeit der Bosnier. Sorrystar. Dafür wurde aus der Hauptstrasse plötzlich eine Schlaglöcher übersäte, kurvige, nur noch halbwegs geteerte Strasse voller abgesperrter Baustellen – davon hatten wir auch gelesen. So war es schon fast dunkel, als wir den heruntergekommenen Hüttchen des Zolls ankamen. Die erste Person winkte uns durch, die zweite kam gelangweilt mit einer Tasse aus der Baracke. Wir fuhren also langsam durch und wurden lautstark zurück gehupt. Pässe vorweisen, Fahrzeugausweis vorweisen, weiter über eine hölzerne Brücke zum montenegrinischen Zoll. Wieder alles vorweisen und dabei nach dem Weg fragen, denn die Unterkunft musste ganz in der Nähe sein. Der freundliche Beamte sprach kein Wort Englisch, zeigte uns aber seinen Bildschirm mit der Übersetzung, er rufe die Besitzerin an. Fünf Minuten später wurden wir zum Häuschen geführt.

Hier schnappte sich alle die eigene Tasche mit den Kleidern und rein gings. Schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass wir auch die Küchenkiste brauchten, denn in diesem Häuschen für 4-5 Personen gab es nur eine kleine Bratpfanne. Sonst gar keine Pfannen. Eine Gabel, drei Messer, zwei Löffel. Kein Krug, kein Schwingbesen, keinen Ofen. Einen Stuhl, kein Esstisch, ein paar Pantoffeln. Dafür eine richtig grosse, schwarze Nacktschnecke in der Dusche, eine Kakerlake im WC, ein paar Schuhe und Kleider im Küchenschrank, eine Waschmaschine und vor allem ein Dach, das gross genug war, dass wir darunter kochen, essen und schlafen konnten, ohne nass zu werden. Und ein kleines Strom-öfeli, das von da an fast pausenlos lief, denn die Fenster liessen sich nicht alle ganz schliessen und an manchen Stellen sah man durch die schönen Holzwände nach draussen – wo es kalte 10 Grad war und regnerisch war. Jon und ich machten also Omeletten für alle (während dem wir alle immer wieder raus ins Auto mussten – Schlafsäcke: waren ja noch im Dachzelt. Rasierer: lag noch in einer der Hängetaschen. Ladekabel: war noch immer rechts unten hinter den Rücksitzen verstaut. Zahnbürsten: hingen noch in ihrer Vorrichtung neben dem Beifahrersitz. Etc) und dann legten wir uns auf unsere Pritschen und lauschten dem Regen, wie er aufs Blechdach trommelte und in den Rinnen gurgelte. Gut, waren wir am Trockenen.

Am nächsten Tag gings dann los mit Unterricht, die grosse Pause verbrachten wir mit Scout, dann weiter bis zum Zmittag. Am Nachmittag nochmal etwas Unterricht für Ben und Jon, ein Spaziergang bis zur nächsten Hängebrücke, wo die Jungs sowohl von bosnischer wie auch von montenegrinischer Seite Steine in den Fluss warfen, Znacht, und dann nutzten wir das Internet hier und schauten eine Doku über den Zerfall Yugoslaviens, um die ganzen Kriege hier vielleicht wenigstens ansatzweise zu verstehen. Einen Krimi für uns und die grossen zwei, Feierabend bei Regenprasseln.

Mittwoch, 26.04. nochmals ähnlich. Schule, spielen, Blogberichte schreiben. Und abwechslungsweise Kleidungsstücke vor das Öfeli legen, die ich zwar schon gestern gewaschen hatte, die aber bei diesen niedrigen Temperaturen einfach nicht trocknen wollten. Und planen. Ob wir bei minus 3 Grad im Durmitor übernachten wollen, zB.

Tamara



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